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Theophil Christen war ein Pionier der physikalischen Medizin, insbesondere der Strahlen- und Röntgenwissenschaft. Seine besonderen Leistungen liegen in der Röntgendiagnostik, aber auch in der Strahlentherapie. Er war es, der als erster das Durcheinander der Begriffe, Bezeichnungen und Beziehungen in der Radiologie ordnete, klare Definitionen schuf und sie so einfach erklären konnte, dass auch die Allgemeinheit sie verstand und seinen Intentionen folgte. Wie weit Christen mit seiner Definition für die Größe "Dosis" (Quotient aus absorbierte Energie und Volumen) seiner Zeit voraus war, wird ersichtlich, wenn man bedenkt dass der Begriff "Energiedosis" (englisch "absorbed dose") von der 1925 gegründeten Organisation ICRU (International Commission on Radiation Units and Measurements) erst im Jahr 1954 definiert und dieser die Einheit "rad" (erg/g) zugeordnet wurde. Theophil Christen wurde als einziger Sohn des Kaufmannes Theophil Christen-Weber geboren. Es wird berichtet, seine Mutter sei eine direkte Nachfahrin des berühmten Schweizer Mathematikers Leonhard Euler (1707-1783) [Die Richtigkeit dieser Aussage ist in Frage gestellt und wird zur Zeit untersucht]. Christen besuchte die Schule in Basel, und begann auch hier, Mathematik zu studieren. Später setzte er sein Studium in Leipzig fort, widmete sich dabei aber auch der Physik, Chemie und Meteorologie; 1896 promovierte er in Leipzig im Fach Mathematik. Anschließend ging Christen nach Frankreich, wo er 1897/1898 am Pariser Observatorium arbeitete. 1898 kehrte er in seine Heimat zurück, um bis 1901 am Polytechnikum in Zürich zu arbeiten. Hier kam er erstmals mit physikalisch-medizinischen Methoden in Berührung. Aus diesem Grunde studierte er Allgemeine Medizin, die er 1903 mit dem Staatsexamen in Bern erfolgreich absolvierte. Anschließend übernahm er in Uetendorf-Kirchdorf bei Thun eine Landpraxis, um 1905 den Doktortitel der Medizin zu erwerben. Daraufhin ging Christen als Kurarzt nach Albisbrunn, und bildete sich nebenbei in La Chaux-de-Fonds bei einem befreundeten Operateur chirurgisch aus. Zum Zwecke seiner ärztlichen Weiterbildung ging Christen anschließend an die großen Spitäler in London und in die USA nach Philadelphia (Pennsylvania). Nach seiner Rückkehr von Amerika in die Schweiz eröffnete er in Bern eine ärztliche Praxis, beschäftigte sich hier besonders mit der noch jungen Röntgenologie und bereitete sich für die Habilitation im Fach Physikalische Therapie vor. 1908 hielt Christen vor der Medizinischen Fakultät in Bern im Fach Medizinische Physik eine für die damalige Zeit recht unkonventionelle Habilitationsvorlesung "Die Deutlichkeit des Röntgenbildes als Absorptionsproblem". 1909 erteilte ihm die Fakultät die venia docendi für "Innere Medizin, speziell für physikalische Therapie". Theophil Christen war ein Forscher in mehr als nur einer Wissenschaft. Dabei war die Mathematik seine Hauptstärke. Wo er sie anwenden konnte, natürlich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten, aber auch in ökonomischen und Finanzfragen, und in Fragen der Reformbewegung, da tat er es. In allen seinen diesbezüglichen Arbeiten verblüfft die eigentümliche Einfachheit und Klarheit der mathematischen Darstellung. Christens überaus offene, unvoreingenommene Einstellung gegenüber unbekannten Problemen, seine rasche Entschlossenheit, sein Ideenreichtum und seine Willensstärke waren verblüffend. Theophil Christens wichtigste Arbeiten liegen auf dem Gebiet der Elektrotherapie und Strahlenforschung, denen er sich erst ab etwa 1910 widmete. Seine 1913 erschienene Monographie "Messung und Dosierung der Röntgenstrahlen" ist ein klassisches Grundlagenwerk, das noch lange bis nach dem 2. Weltkrieg aktuell war, und für Strahlungsphysiker heute noch interessant ist. Es fasst die schwierigen Probleme, die die Anwendung der (ionisierenden) Röntgenstrahlen mit sich bringen, zum ersten Male zusammen. In diesem Werk stellte Christen als Erster strenge Definitionen auf, schaffte eng umschriebene Begriffe, ordnete das bis dahin in der röntgentherapeutischen Literatur herrschende Durcheinander verworrener Begriffe und schaffte den Begriff der "Halbwertschichtdicke" um die "Härte" von Strahlung definieren zu können. Freilich, um das Strahlenproblem mathematisch bearbeiten zu können, musste er die Strahlung als homogen annehmen, was sie, wie später erkannt wurde, nicht ist - dies schmälert Christens Verdienst um das schwierige Problem jedoch in keiner Weise. Auch außerhalb seines Faches der Radiologie war Theophil Christen vor allem schriftstellerisch tätig. Unter anderem schrieb er die ausgezeichnete Monographie "Die Lehre von den Frakturen". Ferner veröffentlichte er wichtige Arbeiten über die Pulsdynamik wie "Die dynamische Pulsuntersuchung", die ihn allerdings in Widersprüche mit Vertretern älterer Anschauungen führte, was seine akademische Karriere beeinträchtigte. Außerdem förderte er die verschiedenartigsten Reformbewegungen, insbesondere die Ernährungs- und Getränkereform, sowie die Lehre von der Einschränkung des Fleisch- und
Alkoholgenusses. Seine wichtigsten Arbeiten auf diesem Gebiet sind "Unsere großen Ernährungstorheiten" und "Die menschliche Fortpflanzung, ihre Gesundheit und Veredelung usw." In diesem Zusammenhang steht auch sein Einsatz für die Rechte der Frauen, hier hat er eine Broschüre verfasst:
"Die politische Frauenfibel". Von 1915 bis 1919 übernahm Theophil Christen die Leitung der für ihn geschaffenen Strahlenforschungsstelle RGS in München. Hier entwickelte er ein neues Verfahren zur härtegradunabhängigen Dosismessung, setzte die vorgeschlagene Idee einer Messung der prozentualen Tiefendosis um und schuf damit den heute noch gebräuchlichen Qualitätsindex. 1919 kehrte Christen vermutlich aus politischen Gründen in die Schweiz zurück und gründete in Lausanne ein grosses Institut für physikalische Therapie. Die politische Niederlage als sozial-demokratischer Kandidat bei den Nationalratswahlen, bewog ihn, seine politischen Aktivitäten aufzugeben. Am 6. Mai 1920 nahm sich Theophil Christen mit 47 Jahren im Lac Léman das Leben. Quelle: SGSMP-Bulletin vom Dezember 2007 (weitgehend nach http://www.onmeda.de/lexika/persoenlichkeiten/christen.html [derzeit nicht mehr online]). Die Theophil-Chisten-Medaille wurde erstmals 2006 an Jean-François Valley für seine langjährigen Verdienste um die SGSMP vergeben:
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